Stand: 29.05.2017
Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.05.2014, Az: IV ZR 76/11
Der BGH hat nach zwischenzeitlicher Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 7. Mai 2014 (Az.: IV ZR 76/11) entschieden, dass das Widerspruchsrecht eines Versicherungsnehmers einer Lebens-, Renten- oder Zusatzversicherung zur Lebensversicherung grundsätzlich fortbesteht, wenn dieser nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nicht erhalten hat.
Zwischen dem 29.07.1994 und dem 31.12.2007 abgeschlossene Lebensversicherungsverträge:
Aufgrund einer Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) betrifft dieses Urteil Lebensversicherungen, die zwischen dem 29.07.1994 und dem 31.12.2007 abgeschlossen wurden. Entsprechenden Presseberichten zur Folge sollen mehr als die Hälfte solcher Lebensversicherungen fehlerhafte Belehrungen aufweisen oder im Rahmen des sog. Policenmodells hier nicht alle notwendigen Unterlagen übermittelt worden sein. Dies deckt sich so auch mit unseren bisherigen Prüfungen.
Fehlerhafte Widerspruchsbelehrung:
Eine fehlerhafte Widerspruchsbelehrung ist zum Beispiel dann gegeben, wenn die Belehrung nicht deutlich hervorgehoben ist oder eine falsche Frist genannt wird oder unklar ist, wann die Frist zu laufen beginnen soll oder nicht richtig auf die Form des Widerspruchs hingewiesen wird, etc.
Ein relevanter Fehler ist aber auch dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer die Versicherungsbedingungen oder Verbraucherinformation nicht erhalten hat.
Möglichkeit des Widerspruchs oder des Rücktritts:
Sollte der Versicherungsnehmer auf diese Weise nicht hinreichend über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sein, so kann er seinen Versicherungsvertrag grundsätzlich noch heute widersprechen bzw. von ihm zurücktreten. Dies betrifft sowohl noch laufende, aber auch bereits abgelaufene oder bereits gekündigte Lebens- und Rentenversicherungsverträge.
Vorteile für den Versicherungskunden:
Der Vorteil des Widerspruchs liegt für Sie als Versicherungskunden darin, dass Sie nicht nur aus womöglich unrentablen Versicherungsverträgen herauskommen. Vielmehr können Sie sämtliche Zahlungen, auch die oft hohen Abschluss- und Verwaltungskosten nebst Nutzungsersatz, also die seitens der Versicherungsgesellschaft mit den eingezahlten Beiträgen erwirtschafteten Zinsen zurückverlangen und müssen sich hierbei lediglich die Beiträge für den erlangten Versicherungsschutz (Todesfall- bzw. evtl. Berufsunfähigkeit) anrechnen lassen.
Im Unterschied zu einer Kündigung oder einem Verkauf Ihrer Lebens-, Rentenversicherung erhalten Sie also nicht nur den meist deutlich unter Ihren Einzahlungen liegenden Rückkaufswert, sondern einen deutlich höheren Betrag.
Warnung vor sog. Dienstleistern – Online-Versicherungs-Rechnern:
Inzwischen gibt es Firmen/Dienstleister, die unter Berufung auf obige rechtlichen Hintergründe „Versicherungsabwicklungen“ anbieten. Dies sei für den Kunden auch anfangs kostenlos. Der sog. Dienstleister erhalte lediglich ein Erfolgshonorar von einem oftmals über Online-Versicherungs-Rechner errechneten Betrag. Zudem wird damit geworben, dass sich der Kunde sonst um nichts kümmern müsse.
Vor solchen vermeintlichen Dienstleistern warnt zum Beispiel auch die Verbraucherzentrale Hamburg, die darauf hinweist, dass nach ihren Erkenntnissen Verbraucher, die sich auf solche Dienstleister eingelassen hatten, bis zu 50% dessen verloren haben, was ihnen eigentlich rechtlich zugestanden hätte.
Bewertung im Einzelfall:
Nach unserer Einschätzung ist eine Prüfung im Einzelfall unerlässlich. Um die Erfolgschancen eines Widerspruchs bzw. Rücktritts richtig einschätzen zu können, bedarf es zum einen einer fundierten juristischen Bewertung des Widerspruchs- bzw. Rücktrittsrechts und zum anderen einer seriösen finanzmathematischen Bewertung des Ihnen zustehenden Rückabwicklungsbetrages. Zudem gibt es auch persönliche Konstellationen des Mandanten, die gegen eine Beendigung einer Versicherung sprechen können.
Erstberatung:
Um Ihnen hier eine erste Orientierung zu geben, bieten wir Ihnen ein besonders kostengünstiges Prüfungsangebot an.
Zudem arbeiten wir mit erfahrenen Finanzmathematikern zusammen, die den Ihnen gegenüber Ihrer Versicherung zustehenden Betrag seriös ermitteln können.
Auf dieser Basis kann sodann die weitere Vorgehensweise unter Darlegung der Kosten erörtert werden.
Sofern Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, prüfen wir deren Eintrittspflichten.