Online-Coaching – BGH-Urteil – Erfahrungen

21. Juli 2025

Hinweis

Die Berichte über unseriöse Online-Mentoring- und Online-Coaching-Verträge, die sich für Verbraucher wie auch für Unternehmer schnell zur Kostenfalle entwickeln können, mehren sich. Daher ist es als besonders positiv zu werten, dass er Bundesgerichtshof (BGH) nun mit Urteil vom 12.06.2025 (Az.: III ZR 109/24) zwischen den Oberlandesgerichten (OLG) umstrittene und somit noch ungeklärte Rechtsfragen zu Gunsten der Teilnehmer (sog. Lerndende) solcher Fernunterrichtsverträge geklärt hat. Hierauf wie auch auf die Möglichkeiten, die sich für Verbraucher wie auch Unternehmer bieten, die erst später merken, dass sie einem unserösen Online-Coaching-Vertrag aufgesessen sind, gehen wir im Folgenden ein und sprechen hierbei auch die Tätigkeiten sog. Finfluencer an.

Online-Coaching – BGH-Urteil – Nichtigkeit – Rückzahlungsanspruch:

Was versteht man unter einem Online-Coaching? – Fernunterrichtsvertrag?

Der Begriff des Online-Coaching wird unterschiedlich gebraucht. Häufig wird hierunter ein Einzelcoaching oder Kleingruppencoaching verstanden, bei dem ein Personal-Coach (Lehrender) dem Teilnehmer (Lernender) eines solchen Coaching ein gewisses Know-How und Wissen in dem zu coachenden Themenbereich, wie z.B. im Bereich Business oder Finanzen mittels Lehrvideos, Online-Meetings, Workshops, Online-Einzelsitzungen, etc. vermittelt.

Sofern das Online-Coaching als Fernunterricht im Sinne von § 1 Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) zu qualifizieren ist, benötigen dessen Anbieter eine Zulassung von Fernlehrgängen gemäß § 12 FernUSG.

Online-Coaching-Vertrag als Fernunterrichtsvertrag – Urteil des BGH vom 12.06.2025:

Über eine solche Zulassung verfügte der Anbieter in dem dem Urteil des BGH vom 12.06.2025 (Az.: III ZR 109/24) zugrunde liegenden Fall nicht. Dennoch bot er ein Online-Coaching unter dem Namen „9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“ an, bei dem den Teilnehmern (sog. Lernende) u.a. mittels Lehrvideos, Online-Meetings, Live-Calls, Workshops oder auch Online-Einzelsitzungen durch Coaches (sog. Lehrende) u.a. ein „umfangreiches Know-how für die persönliche und unternehmerische Entwicklung“ vermittelt werden sollte. Daher stand in Frage, ob ein solches Online-Coaching als sog. Fernlehrgang bzw. als sog. Fernunterrichtsvertrag im Sinne des FernUSG zu qualifizieren war. Dies bejahte der BGH unter Klärung noch offener Rechtsfragen zu den wesentlichen Voraussetzungen eines sog. Fernunterrichts (§ 1 FernUSG) u.a. wie folgt:

  • Entgeltlicher Vertrag bzgl. der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten:

Der BGH stellte klar, dass diese Voraussetzung zum Schutz der Fernunterrichtsteilnehmer weit auszulegen ist und die Vermittlung „jeglicher“ Kenntnisse und Fähigkeiten – „gleichgültig welchen Inhalts“ erfasst. Weiter betonte der BGH, dass die Wissensvermittlung gegenüber einer individuellen und persönlichen Beratung und Begleitung deutlich im Vordergrund stand, wobei er u.a. auf in der Coaching-Programmbeschreibung vordefinierte Lernziele abstellte.

  • Überwiegende räumliche Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem:

Eine zumindest überwiegend räumliche Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem bejahte der BGH ebenfalls, da asynchrone, also zeitversetzte Unterrichtsteile (Lehrvideos, Hausaufgaben, aufgezeichnete Online-Meetings) überwogen.

  • Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten:

Außerdem genüge eine einzige Lernkontrolle, wobei der BGH schon das Fragerecht in Bezug auf das eigene Verständnis des erlenten Stoffes als ausreichend ansah.  Auch hier befürwortet der BGH eine weite Auslegung.

Weiter stellte der BGH klar, dass Lernende im Sinne des FernUSG nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer sein können und verwies hierzu auf den Schutzzweck des FernUSG, wonach „alle potentiellen Teilnehmer vor ungeeigneten Fernlehrgängen zu schützen“ sind. Damit erteilte er der früher z.B. vom OLG München oder dem OLG Nürnberg vertretenen Auffassung eine Absage und erweiterte damit den Anwendungsbereich „auf alle Personen, die mit einem Veranstalter einen Vertrag über die Erbringung von Fernunterricht im Sinne des § 1 FernUSG schließen“.

Rechtsfolge – Nichtigkeit des Online-Coaching-Vertrages – Kursgebühren zurück:

Ein als Fernunterrichtsvertrag zu qualifizierender Online-Coaching-Vertrag, der von einem Veranstalter ohne die nach § 12 Abs. 1 FernUSG erforderliche Zulassung des Fernlehrgangs geschlossen wird, ist gemäß § 7 FernUSG nichtig und somit unwirksam.

Dies Wiederum hat die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zur Folge, sodass der BGH dem klagenden Teilnehmer einen Anspruch auf Rückzahlung der bereits an den Veranstalter geleistete Zahlungen (Kursggebühren) zusprach und im Hinblick auf die sog. Saldotheorie auf die dem Leistungsempfänger/Bereicherungsschuldner obliegende  Darlegungs- und Beweislast für eine die Bereicherung mindernde Position verwies.

Bewertung – Erfahrungen:

Der BGH betont zu Recht den Schutzzweck des FernUSG und zwar den Schutz der Fernunterrichtsteilnehmer vor unseriösen Fernunterrichtsangeboten. Denn diese haben im Vorfeld des Vertragsschlusses und vor Erhalt der Unterrichtsmaterialien nur eingeschränkte Möglichkeiten, die Eignung und Qualität eines Fernlehrgangs zu überprüfen. Deshalb ist es auch konsequent, dass der BGH den Schutz des FernUSG sowohl Verbrauchern als auch Unternehmern zugesteht.

Somit eröffnen sich z.B. auch den Teilnehmern, die mit Finfluencern oder selbst ernannten Finanz-Gurus unseriöse Online-Coaching-Verträge abgeschlossen haben und die deren Unseriösität erst später erkannt haben, weitere rechtliche Möglichkeiten.

Neben Gestaltungsrechten können sie sich nicht nur von einem Online-Coaching-Vertrag lösen, sondern auf Basis des BGH-Urteils aufgrund des nichtigen Fernunterichtsvertrags auch ihr bereits eingezahltes Geld (Kursgebühren) zurückverlangen und von weiteren noch nicht gezahlten Kursgebühren frei werden.

Erstberatung – Unser Angebot an Sie:

Da eine individuelle Prüfung des Fernunterrichtsvertrags bzw. Online-Coaching-Vertrags unerlässlich ist, bieten wir Teilnehmern, die solche Verträge abgeschlossen haben, zur Orientierung eine kostengünstige Erstberatung an.
Betroffene sollten hier nicht länger zuwarten, da auch die Verjährungsregelungen beachtet werden müssen.
Sofern Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, prüfen wir deren Eintrittspflichten und fragen für Sie um Kostendeckung an.

Falls Sie mehr erfahren möchten, so rufen Sie uns an: (0681) 96 87 89-0 oder schreiben Sie uns eine E-Mail: kanzlei@ts-rechtsanwaelte.de

Wir unterstützen Sie gerne!

Über Rechtsanwalt Christian Thum

Herr Christian Thum beschäftigt sich schon seit 2001 mit Themen des Bank- und Kapitalanlagerechts und ist hierbei insbesondere auch mit dem Gesellschafts-, Insolvenz- und Wirtschaftsrechts vertraut. Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarkt verfolgt er hier mit seiner langjährigen Erfahrung außergerichtlich wie auch gerichtlich die Durchsetzung wie auch die Abwehr von Forderungen.

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Durch unsere bisherige anwaltliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts sowie aufgrund von Presseveröffentlichungen sind wir auf diverse Kapitalanlagen/Emittenten/Vertriebe aufmerksam geworden.

Um Interessenten insoweit weitergehende Informationen zur Verfügung zu stellen, haben wir einige dieser Kapitalanlagen/Emittenten/Vertriebe in die nachfolgende Liste aufgenommen bzw. berichten über diese. Allerdings weisen wir daraufhin, dass mit der Aufnahme in diese Liste bzw. mit unserer Berichterstattung in unseren Artikeln keine abschließende Aussage über die Qualität derselben getroffen werden soll.

Auch bedeutet die Listenaufnahme/Berichterstattung nicht zwingend, dass die dort genannten Unternehmen/Personen illegal oder unlauter handeln oder gegen sie Schadensersatz-/Rückabwicklungsansprüche bestehen. Die zu den jeweils aufgelisteten Kapitalanlagen/Emittenten angeführten Informationen beruhen zum Teil auf Schilderungen Dritter und erheben zudem keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die uns vorliegenden Informationen unzutreffend oder rechtlich anders zu werten sind.